Neujahrsansprache

Neujahrsansprache 2013

„Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ Hebr. 13,14

Ich denke, jeder von uns ist froh und dankbar, dass er ein Zuhause, eine Heimat hat. Dort, wo wir geliebt und verstanden werden fühlen wir uns wohl, dort sind wir gerne, dort wollen wir bleiben.

Die Jahreslosung aus dem letzten Kapitel des Hebräerbriefes schlägt da einen anderen Ton an. In den Versen 12-14 heißt es:

„Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor.

So lasst uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen.

Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“

Nein, das verspricht nicht die erhoffte Ruhe und Geborgenheit im trauten Heim, hinter schützenden Mauern. Hinausgehen sollen wir, dorthin, wo Jesus am Kreuz hängt. Seine Schmach mittragen. Wir sind hier letztendlich, auch wenn wir es uns bequem und schön gemacht haben – so erinnert und ermahnt uns die Jahreslosung - nicht zu Hause.

Was erwartet uns dort draußen? Was heißt es, die Schmach Jesu mitzutragen und nach der zukünftigen Stadt zu suchen? Das ist kein Sonntagsspaziergang und das ist keine Urlaubsreise. Dort, wo Jesus am Kreuz hängt, begegnen uns Tränen, Not, Geschrei, Schmerz und Tod. Aber:

Dort ist Jesus – und das ist das Entscheidende, das Allerwichtigste. Lasst uns dorthin gehen, wo Jesus ist – da ist auch der angemessene Platz für seine Nachfolger.

Schauen wir auf Vers 14, unsere Jahreslosung. Ein Vers, der uns öfter auch auf Beerdigungen begegnet. Er spricht zum einen von Vergänglichkeit, zum anderen von der Ewigkeit. Die Städte, die wir hier haben und erbauen sind irdisch und zeitlich, Gottes Stadt – das Ziel unserer Lebenswanderung – ist ewig.

Der Vers hat aber leider auch oft dazu herhalten müssen, eine gewisse christliche Weltverachtung zu begründen und den Fokus des Christseins allein auf die Ewigkeit zu verlegen. Umgekehrt den Fokus zu stark auf dem Irdischen und Weltlichen zu haben und dabei die himmlische Dimension auszublenden oder zu vernachlässigen, ist genau so kritisch zu sehen. In welcher Gefahr stehe ich, in welcher stehst du?

Wir reden im CVJM oft von Heimat.

Wir wollen jungen Menschen Heimat geben, ein Zuhause, wo sie gerne sind, sich wohlfühlen und andere dorthin einladen. Das ist gut so und ich bin überzeugt: es ist richtig und wichtig. Und dennoch:

Für mich ist die Jahreslosung auch ein Aufruf zur Veränderung. Der Bibelvers will mich in Bewegung setzen. Ich soll mich nicht zufrieden geben, mit dem was ist und wie es ist im „Hier und Heute“. Ich bin aufgefordert nach dem Zukünftigen zu suchen, immer wieder neu aufzubrechen und Neues zu wagen und auch den Blick über das Irdische hinaus zu richten zur „ewigen Heimat“.

Wir müssen uns der Frage stellen: In welche „Stadt“ investieren wir mit unserer CVJM-Arbeit – in die irdische oder zukünftige – oder in beide? Gibt es ein richtig oder falsch?

Investieren in unsere „irdische Stadt“ bedeutet,

dass wir

  • tolle Räume gestalten, so wie wir es jetzt mit unserer Lounge machen oder in unseren Schülercafés
  • attraktive Veranstaltungsformen entwickeln
  • professionelle Musik machen
  • gute Predigten ausarbeiten und halten
  • Junge Erwachsene und Jugendliche mitarbeiten lassen, sie fordern und fördern
  • ein vielfältiges, interessantes Programm anbieten
  • hilfreiche diakonische Angebote machen

Investieren in die „zukünftige Stadt“ heißt vor allem:

Investition in persönliche Beziehungen zu den jungen Menschen und dadurch in das geistliche Leben der Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Wir wollen und werden Diakonie und Evangelisation nicht gegeneinander ausspielen oder bewerten. Deshalb heißt auch eine unserer Grundüberzeugungen:

„Der CVJM Frankfurt ist zum evangelistischen und diakonischen Handeln an jungen Menschen beauftragt.“

Wir  wollen, dass junge Menschen unseren CVJM als einen Ort des Glaubens und der Freiheit erfahren, in dem sie sich wohlfühlen und der ihnen Gelegenheit gibt, mit anderen jungen Menschen Glaubenserfahrungen zu machen und zu teilen.

Genau deswegen dürfen wir aber auch nicht auf einer der beiden Seiten verharren, weder theologisch noch praktisch. Diakonie und Evangelisation gehören zusammen wie die zwei Seiten einer Medaille.

Vor einiger Zeit habe ich das SKIP-Modell kennengelernt. Es beschreibt, wie Menschen in den CVJM hineinkommen können und zu Jesus finden können. Ich finde, ein bedenkenswertes Modell für unsere gesamte Arbeit – denn es ist berücksichtigt beide Seiten - Diakonie und Evangelisation gleichermaßen.

S= Solidarität (Diakonie, Beziehungen bauen und pflegen)
K= Konfrontation (mit dem Evangelium bekannt machen, Bekehrung zu Jesus)
I= Integration (Hineinnehmen in die Lebens- und Glaubensgemeinschaft)
P= Partizipation (Mithelfen in der Dienstgemeinschaft)

Ich wünsche mir für das Jahr 2013,

dass wir unserem Auftrag gerecht werden, indem wir den Menschen, die uns anvertraut sind, in Solidarität begegnen und sie begleiten. Ich wünsche mir, dass wir sie auf gute Art und Weise mit dem Evangelium konfrontieren und einige zu Nachfolgern unseres Herrn Jesus werden. Und schließlich wünsche ich mir auch, dass diese dann hineinfinden in unsere CVG und erfüllt von der Liebe Gottes die gute Botschaft, das Evangelium weitergeben wollen.

Blogeintrag
Autor: Dr. Reiner Goy
Datum: 24. Jan 2013
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